Der australische Dollar muss seit Jahren herhalten. Ende 2019 erreichte die Währung den niedrigsten Stand seit mehr als zehn Jahren. Um anschließend aufgrund der großen Waldbrände und des Coronavirus noch weiter zu sinken. Wann ist der Tiefpunkt in Sicht?
Gerade als sich der australische Dollar zu beruhigen schien, ging es plötzlich heiß her. Leider im wörtlichen Sinne. Riesige Waldbrände haben in den letzten Monaten etwa 10 Millionen Hektar Wald in Asche gelegt. Diese ökologische Katastrophe hat eine große Anzahl von Tieren und über zwanzig Menschen das Leben gekostet. Der Schaden geht nach Angaben der Rating-Agentur Moody's in die Milliarden Dollar. Der Tourismus leidet, und die einheimischen Verbraucher sitzen aufgrund der Unsicherheit auf ihren Geldbeuteln. Vor einigen Wochen erlitt die australische Wirtschaft einen weiteren Rückschlag. Das Coronavirus führt zu einer starken Wachstumsverlangsamung in China. Dieses Land ist bei weitem der wichtigste Handelspartner Australiens.
Klatschen auf Klatschen auf Klatschen
Auf den Devisenmärkten kassiert der australische Dollar eine Klatsche nach der anderen. Seit der Jahreswende ist die Währung gegenüber dem US-Dollar um mehr als 4 % gefallen. Diese Einbußen folgen einem Rückgang von mehr als 10 % in den letzten zwei Jahren. Der Aussie - wie die Währung auch genannt wird - hat den niedrigsten Stand seit Anfang 2009 erreicht. Einen Moment lang schien es sogar, dass sich der Rückgang noch beschleunigen würde. Viele Ökonomen hatten bereits einen Vorstoß für eine neue Zinssenkung unternommen. Doch Anfang dieses Monats beschloss die Zentralbank in Sydney, nicht an den Zinssätzen zu rütteln. Eine fragwürdige Entscheidung, denn eine Zinssenkung war eine ausgezeichnete Gelegenheit, der australischen Wirtschaft etwas Luft zu verschaffen.
Eine Inflation, von der man nur träumen kann
In den letzten Jahren hat die Reserve Bank of Australia (RBA) diese Gelegenheit nur allzu oft genutzt. Seit Ende 2011 wurden die Zinssätze in mehr als zehn Schritten von fast 5 % auf weniger als 1 % gesenkt. Die Inflation liegt jetzt knapp unter 2 %. Für dieses Niveau würde EZB-Präsidentin Christine Lagarde sozusagen töten. In Australien liegt das Inflationsziel jedoch etwas höher: zwischen 2 % und 3 %. Die RBA achtet bei der Gestaltung ihrer Zinspolitik vorerst jedoch mehr auf den starken Arbeitsmarkt als auf die negativen Auswirkungen der Waldbrände und des Coronavirus.
Warten auf das Unvermeidliche
Es bleibt abzuwarten, wie lange die Zentralbank an dieser Strategie festhalten wird. Insbesondere die Wachstumsverlangsamung in China wird die australische Wirtschaft hart treffen. Seit dem Jahreswechsel ist zum Beispiel der Preis für Eisenerz um 10 % gesunken. Pro Jahr verschifft das Land diesen Rohstoff im Wert von circa 60 Milliarden USD nach China. Außerdem kommen in den ersten Monaten dieses Jahres viel weniger Touristen nach Australien. Die Serie von 28 Jahren ohne Rezessionen wird durch die Rückschläge wahrscheinlich nicht gefährdet. Aber es ist fast unvermeidlich, dass die RBA im Laufe des Jahres 2020 die Zinsen doch senken wird, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Aussie erst dann wirklich die Talsohle erreicht.
Joost Derks ist Währungsspezialist bei iBanFirst. Er verfügt über mehr als zwanzig Jahre Erfahrung in der Welt der Währungen. Diese Kolumne spiegelt seine persönliche Meinung wider und stellt keine professionelle (Anlage)-Beratung dar.
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