Brexit: Der Marathon wird in der Theorie am 31. Dezember 2020 enden

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Die wichtigsten Termine:

Januar: Nach drei Aufschüben wird das Vereinigte Königreich formell aus der EU austreten. Bis zum 31. Dezember 2020 wird es eine Übergangsphase geben, während der es noch keine Veränderung gibt. Die Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich bestehen so wie zuvor.

Februar: Beginn der Handelsdiskussionen. Erst im kommenden Monat möchte der britische Premierminister Boris Johnson seine Ziele mit Hinsicht auf das noch zu verhandelnde Freihandelsabkommen preisgeben.

Juli: Stichtag für die Verlängerung der Übergangsphase. In der Theorie kann die EU einen zusätzlichen Aufschub von einem bis zwei Jahren gewähren, um zu einer Einigung zu kommen. Da die Briten bislang aber eine Verlängerung ablehnen und der Abschluss eines Handelsabkommens zu sämtlichen Aspekten in weniger als einem Jahr mehr als unwahrscheinlich ist, erwägen die Diplomaten der EU ein zwischenzeitliches Handelsabkommen zu einer beschränkten Anzahl Aspekten. Die sonstigen Aspekte würden dann erst nach dem 31. Dezember 2020 verhandelt. Der Vorteil dieses Ansatzes ist zumindest, dass ein „Hard Brexit“ vermieden würde und der britische Premierminister seinen Verpflichtungen gegenüber seinen Mitbürgern nachkommen könnte.

Dezember: Ende der Übergangsphase.

Welche Auswirkungen auf das Pfund Sterling?

Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU wurde in den Marktpreisen bereits eingepreist. Wir erwarten deshalb nicht, dass der Stichtag des 31. Januars noch Auswirkungen auf den Devisenmarkt haben wird. In naher Zukunft dürfte der Aufwertungstrend des Pfund Sterling gegenüber dem Euro, der im vergangenen August begonnen hatte, anhalten. Die Netto-Longpositionen im Pfund Sterling befinden sich in der Nähe ihres Höchststands seit dem Frühling 2018, da nach den Parlamentswahlen im Dezember und der Verbesserung der britischen Konjunkturdaten wieder verstärkt Optimismus herrscht. Sollte die Anfang 2020 begonnene Erholung der britischen Wirtschaft anhalten, könnten wir einen länger anhaltenden Rückgang des Währungspaars EUR/GBP in Richtung seines Tiefpunkts von Dezember 2019 bei 0,8363 in Erwägung ziehen. Die technische Analyse scheint dieses Szenario ebenfalls zu untermauern, da das Währungspaar unter seinem gleitenden Durchschnitt über 50 Tage und unter seinem gleitenden Durchschnitt über 200 Tage liegt.

Zwei wichtige Hebel bei den Verhandlungen

  • Um innerhalb der vorgegebenen Frist ein Handelsabkommen zu erreichen, könnte das Vereinigte Königreich versuchen, sich der amerikanischen Vorgehensweise zu bedienen, indem es mit prohibitiven Zöllen droht. Dass diese Vorgehensweise von Erfolg gekrönt wird, ist jedoch angesichts der Handelsbilanz unwahrscheinlich, da das Vereinigte Königreich vom europäischen Markt stärker abhängig ist als Europa vom britischen Markt.
  • Bei den Clearingstellen handelt es sich um ein Element, das für die Souveränität der Eurozone von wesentlicher Bedeutung ist, dem jedoch nur wenig Beachtung geschenkt wird. Diese Stellen sind für die finanziellen Tätigkeiten von wesentlicher Bedeutung, da sie am Terminmarkt eine Vermittlerrolle zwischen Verkäufern und Käufern spielen und eine ultrasichere Struktur für die Marktteilnehmer bieten. Aktuell wird der Großteil der Marktgeschäfte in Euro von London aus bearbeitet, was völlig absurd ist. Im Rahmen des Brexit möchte die EZB diese Tätigkeiten auf eine Clearingstelle in Kontinentaleuropa übertragen. Es ist offensichtlich, dass der Standort der Clearingstellen beim Tauziehen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich eine wichtige Rolle spielen und einen wichtigen Hebel bei den Verhandlungen darstellen wird.

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