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Die US-Wahlen am 5. November rücken näher und Sie fragen sich wahrscheinlich, was dies für den Devisenmarkt und die Entwicklung des US-Dollars bedeutet. Unsere Devisenexperten erläutern es für Sie.
Droht in den USA eine Rezession?
Finanzmärkte werden regelmäßig von ähnlichen Bedenken geprägt – ein wiederkehrendes Thema dabei: Rezessionen. Nach den enttäuschenden Arbeitsmarktzahlen im Juli keimten erneut Rezessionsängste auf, was Anfang August zu einer Korrektur an den Aktienmärkten führte. Der Geldmarkt schätzt derzeit die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA innerhalb eines Jahres auf 41 %. Angesichts des Zustands der US-Wirtschaft ist das eine überraschend hohe Quote.
Der private Konsum bleibt jedoch stark, wie die jüngsten Einzelhandelsumsätze gezeigt haben. Zwar sinkt die Sparquote der Haushalte, jedoch liegt das vor allem daran, dass viele es nicht mehr nötig haben zu sparen: Durchschnittslöhne sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, Aktienkurse haben solide Gewinne gebracht, und Immobilienbesitzer verzeichnen seit der Pandemie Wertsteigerungen ihrer Immobilien um durchschnittlich 150.000 Dollar. Mit anderen Worten: Viele US-Haushalte sind wohlhabend – ein deutlicher Kontrast zur Lage in Europa. Dies erklärt die ausgebuchten Hotels, vollbesetzten Broadway-Shows und Rekordzahlen im Passagieraufkommen.
Zwar schwächt sich das Wirtschaftswachstum allmählich ab, da die positiven Effekte von Konjunkturprogrammen wie dem „Inflation Reduction Act“ und dem „CHIPS Act“[1] auslaufen. Dennoch ist eine Rezession aktuell keine unmittelbare Bedrohung.
[1] Diese Maßnahmen zielten insbesondere darauf ab, die Entwicklung sauberer Energien und die Verlagerung des Halbleitersektors zu unterstützen.
Kennen Sie den Begriff garden economy?
Mit Kamala Harris und Donald Trump stehen sich zwei gegensätzliche Gesellschaftsmodelle gegenüber: die „garden economy“ und die „jungle economy“, letztere laut den Demokraten durch Trump verkörpert. Die Idee der "garden economy" wurde 2018 von Tim Walz, dem Vizepräsidentschaftskandidaten an der Seite von Kamala Harris, beschrieben:
„Das Argument, dass man verantwortungsvoller mit Steuergeldern umgeht, indem man nicht in Bildung, Gesundheitsversorgung und Infrastruktur investiert, mag politisch reizvoll sein, macht jedoch keinen Sinn. Denn dadurch könnten wir besser ausgebildete, gesündere Arbeitskräfte haben, die zudem länger leben, um nur einige Vorteile zu nennen.“
Dieses Modell ähnelt der europäischen Sozialdemokratie, in der der Staat eine aktivere Rolle im sozialen und wirtschaftlichen Bereich einnimmt. Ein solches Modell hat sich jedoch in den USA bislang nicht durchsetzen können.
Umfragen: Was sagt Nate Silver?
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Nate Silver gilt als führender Experte der US-amerikanischen Politik. Seinen jüngsten Prognosen zufolge liegt Harris knapp vor Trump, jedoch ist der Vorsprung nicht groß genug, um einen sicheren Wahlsieg zu garantieren. Aktuell lässt sich Folgendes festhalten:
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- Harris hat eine geschlossene Anhängerschaft hinter sich.
- Die Begeisterung unter den Unterstützern der Demokraten ist wieder spürbar.
- Walz wird relativ positiv wahrgenommen, während Trumps Vizekandidat Vance eher negativ bewertet wird.
Aber Vorsicht: Das Szenario von 2016, als Clintons scheinbar erfolgreiche Kampagne überraschend scheiterte, könnte sich wiederholen. Noch ist nichts entschieden!
Wie wird die US-Wirtschaft nach der Präsidentschaftswahl aussehen?
Es gibt zahlreiche Unterschiede zwischen den beiden Kandidaten, aber auch drei wesentliche Punkte der Kontinuität:
- Die Beibehaltung des hohen Haushaltsdefizits (zwischen 5% und 7% des BIP), was den Dollar strukturell stark halten dürfte.
- Eine hohe Arbeitsmigration zur Deckung des Bedarfs der US-Wirtschaft.
- Der Einsatz von Protektionismus und Wirtschaftssanktionen: Derzeit unterliegen rund ein Drittel aller Länder der Welt US-Wirtschaftssanktionen, was historisch beispiellos ist. Nach unseren Schätzungen würde Trumps vorgeschlagene Erhöhung der Zölle auf China das chinesische BIP um 1,4% senken. Im Vergleich dazu hätten die von den Demokraten geplanten Zollerhöhungen (z.B. +25% auf Fahrzeugbatterien, +100% auf Elektrofahrzeuge, +50% auf Halbleiter) nur geringfügige Auswirkungen auf das chinesische BIP. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Demokraten weniger entschlossen oder weniger bereit wären, sich im Wettbewerb mit China zu behaupten. Ihre Vorgehensweise ist subtiler: Demokratischer Protektionismus setzt auf hohe Markteintrittsbarrieren für ausländische Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge in den USA bemühen, und auf hohe Subventionen für Reindustrialisierungsmaßnahmen. Diese Subventionen stellen nach den Regeln der Welthandelsorganisation unlauteren Wettbewerb dar.
Wie haben die letzten US-Wahlen den Devisenmarkt beeinflusst?
Die US-Präsidentschaftswahlen und die Arbeitsmarktdaten sind zwei zentrale Faktoren für den Devisenmarkt. Historisch betrachtet verliert der Dollar in den fünf Handelstagen nach einer Präsidentschaftswahl etwa 5% an Wert. Viele Hedgefonds setzen vor der Wahl auf einen steigenden Dollar und realisieren ihre Gewinne kurz danach. In diesem Jahr rückt auch die Sitzung der Federal Reserve am 6. und 7. November in den Fokus, die für Überraschungen sorgen könnte. Im September senkte die Fed ihren Leitzins um 50 Basispunkte. Schaut man auf die Entwicklung der zweijährigen US-Staatsanleihen, die die Markterwartungen widerspiegeln, könnte im November eine weitere Zinssenkung in ähnlicher Höhe folgen. Dies ist jedoch nicht sicher. Sollte es dazu kommen, wird der Dollar kurzfristig an Wert verlieren.
Bleibt ein starker Dollar die Norm?
Aktuell ist der Dollar-Index im Vergleich zu den Währungen seiner wichtigsten Handelspartner um 9 % überbewertet. Das ist im historischen Kontext nicht besonders alarmierend – in den 1980er Jahren erreichte die Überbewertung des Dollars bis zu 20 %, was letztlich zu umfassenden Reformen des globalen Währungssystems führte.
Wie wird sich das Währungspaar EUR/USD entwickeln?
Der Markt zeigt sich in Bezug auf den Euro zu optimistisch. Seit Mitte August sind verstärkt Longpositionen zu beobachten, was vor allem auf die sinkenden Renditen von US-Anleihen zurückzuführen ist. Anleger ziehen Kapital aus dem Dollar ab und investieren es in andere Währungen wie den Euro. Dies ist jedoch eher eine taktische Entscheidung als ein langfristiger Trend. Die schwachen Wirtschaftsdaten aus der Eurozone sowie das wieder verstärkt in den Fokus gerückte Haushaltsrisiko in Frankreich deuten auf einen Rückgang des EUR/USD-Paares hin.
Ist ein Absturz des Dollars zu befürchten, wenn Trump die Wahl gewinnt?
Trump macht deutlich, dass er einen schwachen Dollar bevorzugt, aber die Realität sieht anders aus. Protektionistische Maßnahmen führen in der Regel zu einer stärkeren Währung. Durch die Einführung von Zöllen sinken die Importe in die USA, was die Nachfrage nach ausländischen Währungen im Vergleich zum US-Dollar reduziert. Dieser Effekt könnte, sofern umgesetzt, im nächsten Jahr zu einer weiteren Aufwertung des Dollars führen.
Und wenn Trump trotzdem beharrlich bleibt?
Es gibt im Wesentlichen zwei Wege, um den Dollar gezielt abzuwerten. Erstens müsste die Kontrolle über die Notenbank an das Weiße Haus übergehen, damit sie gezwungen wird, eine große Menge an US-Anleihen zu extrem niedrigen Zinsen aufzukaufen. Zweitens könnten die USA durch die massive Ausgabe von Staatsanleihen Fremdwährungen erwerben, die dann von der Federal Reserve wieder eingetauscht werden, um den Dollar zu schwächen. Nach unseren Berechnungen wären dafür etwa 2 Billionen US-Dollar nötig, was mittelfristig eine enorme Summe darstellt. Diese Maßnahmen erscheinen jedoch wenig überzeugend und angesichts des Widerstands im Kongress gegen eine Entmachtung der Notenbank kaum realistisch.
Wichtige Termine, die man im Auge behalten sollte:
DATUM | EREIGNIS |
5. November |
Wahltag |
26. November |
Urteil gegen Trump im Verfahren wegen gefälschter Wahlkampfkonten im Jahr 2016 |
11. Dezember |
Frist für die Klärung von Streitigkeiten im Falle einer Anfechtung des Wahlergebnisses |
6. Januar | Der Senatspräsident gibt die offiziellen Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen bekannt |
20. Januar |
Offizieller Amtsantritt des gewählten Präsidenten |
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