Zentralbanken kommen aus der Deckung
Wissen Sie, was man unter „monetärer Staatsfinanzierung“ versteht? Wenn eine Zentralbank keine andere Wahl hat, als auf dem Markt zu intervenieren, um stark steigende Staatsschuldkosten zu vermeiden. Dies geschah letzte Woche in Großbritannien. Wir werden noch sehen, dass andere Zentralbanken dringend denselben Weg einschlagen, solange die Staatsverschuldung derart hoch ist (was normalerweise zu höheren Fremdkapitalkosten führt). Die Zentralbanken sind ebenfalls am Zug, um ihre Währung zu stützen, die sich gegenüber dem US-Dollar abschwächt. Hierbei haben einige mehr Glück als andere. In Japan sind die Interventionen im Moment wirksam. In Indien beispielsweise sieht die Lage durchwachsener aus. Wir stehen am Beginn einer Phase von hoher Volatilität am Devisenmarkt. Dies ist eine andere Konstellation als in Vorjahren.
Der Euro ist gegenüber dem US-Dollar offensichtlich unterbewertet. Klar ist, dass dies im Normalfall zu einer starken technischen Erholung führen könnte. Doch wie wir seit Juli mehrfach gesehen haben, scheitert am Ende jeder Rebound-Versuch. Dies war auch letzte Woche der Fall. Die anhaltende Euro-Schwäche ist unvermeidbar. Die Überschreitung der Schwelle von 0,95 (die sowohl als technische Unterstützung als auch als wichtiges psychologisches Niveau fungiert) könnte bis zum Jahresende zu einem weiteren Rückgang in Richtung 0,90 führen. Die Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Monatsende wird daran nichts ändern.
Das britische Pfund befindet sich in einer schlechten Position. Mit dem japanischen Yen gehört es zu den beiden Hauptwährungen, gegenüber denen seit Kurzem eine starke Spekulationsbewegung zu beobachten ist. Die Intervention der Bank of Japan (BoJ) zur Unterstützung des Yen scheint wirksam zu sein. Dies gilt aber nicht für das britische Pfund. Der wirtschaftliche Zusammenbruch Großbritanniens (fünf Quartale lang wird eine Rezession erwartet!) und die Flucht ausländischer Investoren (die entscheidend sind, um dem Land einen gewissen Status zu sichern) sind zwei Faktoren, die die britische Währung nach unten treiben. In diesem Zusammenhang ist es nicht unwahrscheinlich, dass bei EUR/GBP die Parität erreicht wird. Vor einem Monat wäre dies völlig ausgeschlossen gewesen. Das ist nun ein glaubwürdiges Szenario.
Vor weniger als zwei Wochen intervenierte die BoJ am Devisenmarkt, um den japanischen Yen nach verhaltenen Monaten zu stützen. Konkret kaufen japanischen Banken auf Anweisung des Finanzministeriums Yen und verkaufen Dollar. Die BoJ hat ein Kursniveau festgelegt, bei dem 145 Yen für einen Dollar nicht überschritten werden sollen. Dies scheint die Spekulation einstweilen gebremst zu haben. Dies hatte jedoch keine nennenswerten Auswirkungen auf das Währungspaar EUR/JPY. Der Trend weist im Monatsvergleich weiterhin nach oben. Dies erklärt sich zum Teil durch die Neupositionierung der Käufer im Euro. Mittelfristig erwarten wir für dieses Währungspaar weiterhin eine rückläufige Entwicklung, denn die Energiekrise in Europa wird sich wohl negativ auf den Wechselkurs der Gemeinschaftswährung auswirken.
Ähnlich wie beim EUR/USD ist der Trend beim EUR/CHF klar. Wir stehen vor einer länger anhaltenden Abwertungsphase mit einem Ziel von 0,91 zum Jahresende. Der Schweizer Franken wird sowohl durch die Risikoscheu (der Status als sicherer Hafen ist für die Währung hilfreich) als auch durch die restriktivere Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank (was noch vor einigen Monaten unvorstellbar war) unterstützt. Demgegenüber wurde der Euro durch eine, für allzu zaghafte befundene Straffung der Geldpolitik, eine Inflation, die im September die Schwelle von 10 % erreichte (was eine Verarmung der Bevölkerung in der Eurozone bedeutet), und einen Energiekrieg mit Russland belastet. Alles das sind Faktoren, die für einen Rückgang des EUR/CHF sprechen.
Die Aufwertung des Euro gegenüber dem australischen Dollar spiegelt drei Faktoren wider: 1) die Einschätzung, dass sich die australische Zentralbank dem Ende ihres geldpolitischen Straffungszyklus nähert (dies war in den letzten Monaten ein wichtiger Unterstützungsfaktor für den australischen Dollar); 2) die Dämpfung der Rohstoffpreise (die sich logischerweise durch den Nachfragerückgang in einer Rezessionsphase erklärt); und 3) eine Neupositionierung der Trader im Euro (nach einer langen Phase mit einer erheblichen Euro-Schwäche sind viele long positioniert). Wir bezweifeln jedoch, dass diese Aufwärtsbewegung nachhaltig ist. Der Winter wird für die europäische Gemeinschaftswährung schwierig sein.
Trader befinden sich in einer Arbitrage-Situation. Der Euro wird zwar durch die wahrscheinlich schon begonnene Rezession und die Energiekrise geschwächt. Aber gegenüber dem Forint erscheint der Euro als stärkere Währung. Mehrere Faktoren belasten den Forint: der anhaltende Konflikt zwischen Brüssel und Budapest (auch wenn kürzlich positive Signale auf beiden Seiten zu vernehmen waren), die starke Energieabhängigkeit von Russland und die Tatsache, dass die ungarische Zentralbank einem starken politischen Druck ausgesetzt ist. Alles dies wird das Paar EUR/HUF kurzfristig noch zu höheren Ständen treiben, wahrscheinlich im Bereich von 430-440.
Datum | Währung | Ereignis |
04/10 |
AUD | Sitzung der Zentralbank |
05/10 |
USD | ADP-Umfrage zur privaten Beschäftigung in den USA im September |
07/10 | USD | NFP-Bericht über die Beschäftigung in den USA im September |
13/10 |
USD | US-Verbraucherpreisindex für September |
16/10 |
CNH | Eröffnung des 20. Kongresses der Kommunistischen Partei Chinas |
18/10 |
CNH | Bekanntgabe des chinesischen BIP für das 3. Quartal |
25/10 |
HUF | Sitzung der Zentralbank |
27/10 |
EUR |
Sitzung der Zentralbank |