Im Juni startet die geldpolitische Lockerung. Die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of Canada (BoC) dürften in der kommenden Woche ihre Leitzinsen senken, und andere Notenbanken werden in den nächsten Monaten nachziehen: die Bank of England (BoE) im August und die Schweizerische Nationalbank (SNB) im September. Fraglich bleibt dagegen, wann die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) den ersten Schritt in ihrem Zinssenkungszyklus macht. Das ist die zentrale Frage. Wartet die Fed noch mit der Lockerung ihrer Geldpolitik, dann entsteht ein hoher Zinsabstand zur restlichen Welt: Dies war bisher stets gleichbedeutend mit geldpolitischen Turbulenzen. Also ist Vorsicht geboten!
Vier Hauptfaktoren erklären den Anstieg des Euro gegenüber dem US-Dollar: Gewinnmitnahmen beim Dollar nach einem sehr positiven ersten Quartal, kurzfristige Transparenz in Bezug auf die Geldpolitik in der Eurozone, wieder in den europäischen Aktienmarkt und bevorzugt in unterbewertete Unternehmen zurückfließendes Anlegerkapital und einige gute Konjunkturdaten für das verarbeitende Gewerbe der Eurozone. Aber das wird nicht von Dauer sein, all diese Faktoren sind kurzfristiger Natur. Zudem lehrt uns die Wirtschaftsgeschichte, dass der Zinsunterschied – und vor allem eine große Diskrepanz – stets ein Bestimmungsfaktor für Währungen ist. Da die EZB ihre Zinsen lange vor der Fed senken wird, deutet alles darauf hin, dass eine Abwertung des Euro unausweichlich ist.
Die Inflation im Dienstleistungssektor verzeichnete im April in Großbritannien einen überraschend starken Anstieg. Zwar stellt dies die Disinflationsdynamik nicht in Frage, wird die BoE jedoch unter Umständen zur Vorsicht veranlassen. Unserer Ansicht nach ist mit einer ersten Zinssenkung eher im August statt im Juni zu rechnen. Die Auswirkungen auf das Währungspaar sind jedenfalls unerheblich. Die Ankündigung vorgezogener Parlamentswahlen am 4. Juli dürfte für etwas Volatilität beim Pfund Sterling sorgen, seinen Basistrend aber nicht vom Kurs abbringen.
Wir sind davon überzeugt, dass der Anstieg des Pfund Sterling nicht nachhaltig ist und auf falschen Gründen beruht. Der Markt geht derzeit davon aus, dass die Fed im September die Zinsen senken wird – daher die Gewinnmitnahmen beim Dollar. Wir können dieses Szenario nicht unterschreiben, denn unserer Ansicht nach könnte die Fed ihre Zinsen viel später im Jahr (im November oder Dezember) anheben oder 2024 sogar ganz davon absehen. Diese Option wird vom Markt zwar derzeit weitgehend ignoriert – sollte sie jedoch zutreffen, ist mit einem Anstieg der Volatilität zu rechnen.
Faszinierend: Die Bank of Japan (BoJ) hat im Mai mindestens dreimal interveniert und 60 Milliarden US-Dollar ausgegeben. Das ist ein gewaltiger Betrag, der dem Yen wieder auf die Beine helfen sollte. Die Aktion hat ihre Wirkung verfehlt, denn die japanische Währung hat gegenüber dem US-Dollar inzwischen sogar stärker abgewertet als vor den Interventionen. Auch der Markt schließt einen Anstieg des Yen aus: Asset-Manager und spekulative Fonds sind immer noch massiv short in der japanischen Währung. Sie gehen nicht von einer geldpolitischen Straffung bei der Sitzung der BoJ am 14. Juni aus, die dem Yen etwas Unterstützung bieten würde. Auch wir rechnen nicht mit einem solchen Schritt. Der schwache Yen wird ein Dauerzustand bleiben.
Beim Währungspaar EUR/CHF gibt es nicht viel Neues – es liegt nach wie vor im Aufwärtstrend. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es sich über die Parität hievt. Derzeit hat die SNB ihre Interventionen am Devisenmarkt offenbar gestoppt.
Der Trend für das Währungspaar ist positiv. Der technischen Analyse zufolge liegt das nächste Kursziel bei 1,4910. Wir gehen davon aus, dass es in Kürze erreicht wird – in der Folge sind wie üblich Gewinnmitnahmen zu erwarten.
Der australische Dollar ist die einzige Währung der G10-Staaten, die in der letzten Woche eine Zunahmen der Short-Positionen verzeichnet hat. Der Basistrend des AUD geht unserer Meinung nach noch immer abwärts. Die Unsicherheit über die Richtung der australischen Geldpolitik ist nicht dabei nicht gerade hilfreich. Wir müssen die Sitzung der Notenbank am 18. Juni genauestens analysieren, damit wir uns ein besseres Bild davon machen können, was uns in den kommenden Monaten in puncto Zinsen erwartet. Die Meinung der Marktteilnehmer ist sehr gespalten – einige Analysten prognostizieren sogar eine Zinserhöhung!
Seit Monaten befürchten Analysten eine Abwertung des Yuan. Ist dieses Risiko real? Wir denken nicht. China weist einen hohen Leistungsbilanzüberschuss von 1%-2% des BIP auf. Der Handelsbilanzüberschuss liegt bei 3%-4% des BIP, im verarbeitenden Gewerbe sogar bei über 10% des BIP. Angesichts der Dimension der chinesischen Wirtschaft – 18 Billionen US-Dollar bzw. 15% des weltweiten BIP – sind diese Handelsbilanzüberschüsse gewaltig. Eine Abwertung des Yuan hätte in dieser Hinsicht nur einen geringen positiven Einfluss. Stattdessen könnte diese Maßnahme zu einer massiven Kapitalflucht führen – ein Szenario, das Peking nach den Ereignissen der Jahre 2015 und 2016 sicherlich nicht noch einmal erleben möchte.
Was genau die ungarische Notenbank im Juni beschließen wird, ist schwer zu sagen. Derzeit würde eine Zinssenkung um 25 Basispunkte genauso viel Sinn machen wie eine Zinssenkung um 50 Basispunkte. Die Konjunkturindikatoren sind zwar durchwachsen, halten sich jedoch in Grenzen. Wir befürchten jedoch, dass die Volatilität des HUF kurzfristig aufflackern wird, da Fitch in Kürze das Länderrating Ungarns einer Überprüfung unterziehen wird, wobei schlechte Nachrichten nicht ausgeschlossen werden können. Daher ist Wachsamkeit geboten. An der makroökonomischen Front droht die größte Gefahr durch den Zusammenbruch der Industrieproduktion und es dürfte schwierig werden, das Ruder herumzureißen.
Den Abwärtstrend des US-Dollar halten wir nicht für eine dauerhafte Entwicklung. Er ist das Ergebnis von Gewinnmitnahmen nach einem sehr positiven ersten Quartal und vor allem von falschen Erwartungen in Bezug auf eine mögliche Lockerung der Geldpolitik durch die Fed im September. In Wahrheit ist die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung äußerst gering, wenn man sich ausschließlich auf die US-Inflationsstatistiken fokussiert. Unsere Auffassung, dass die Fed 2024 einfach auf eine Anhebung der Zinsen verzichten könnte, steht im Gegensatz zum Marktkonsens. Falls wir mit unserer Vorhersage richtig liegen, würde es zu gewaltigen Turbulenzen auf dem Devisenmarkt kommen.
DATUM | WÄHRUNG | EREIGNIS |
03/05 | USD | Arbeitsmarktdaten für April |
07/05 | AUD | Sitzung der Notenbank |
05/06 | CAD | Sitzung der Notenbank |
06/06 | EUR |
Sitzung der Notenbank
|
06-09/06 | EUR |
Europawahl |
07/06 | USD | US-Arbeitsmarktdaten für Mai |
12/06 | USD |
Verbraucherpreise für Mai |
14/06 | JPY |
Sitzung der Notenbank |
18/06 | AUD |
Sitzung der Notenbank |
18/06 | HUF |
Sitzung der Notenbank |
20/06 | CHF |
Sitzung der Notenbank |
20/06 | GBP |
Sitzung der Notenbank |