Trotz Inflationsängsten dominiert am Devisenmarkt weiterhin die Risikobereitschaft und begünstigt dabei die europäische Gemeinschaftswährung. In den vergangenen zwei Wochen versuchten Zentralbanker auf beiden Seiten des Atlantiks, Devisenmarktakteure hinsichtlich der nächsten Schritte in der Geldpolitik zu beruhigen. Die Botschaft ist klar: Inflation wird als vorübergehend angesehen und es wird keine Geldpolitikanpassung in der unmittelbaren Zukunft erwartet. In den USA machte Evans (US-Notenbank) sehr deutlich, dass die Zentralbank ihr Programm zum Vermögenswertankauf mit der jährlichen Rate fortsetzen wird. Ein Rückzug der US-Notenbank steht nicht auf der Tagesordnung und erscheint angesichts des Finanzierungsbedarfs der US-Bundesregierung unwahrscheinlich. Damit die USA ihre hohe Staatsverschuldung weiterhin zu niedrigen Zinsen finanzieren können, muss die US-Notenbank ein wichtiger Akteur auf den Märkten bleiben und überschüssig ausgegebene Schulden absorbieren. In der Eurozone ist der Diskurs ähnlich. Lagarde, Stournaras und Villeroy deuteten an, dass es keinen Grund zum Ändern des Tempos von Vermögenswertankäufen gibt. Daher werden die Sitzungen der US-Notenbank und der EZB im Juni wahrscheinlich nur wenige Überraschungen bereithalten.
Wie von uns vorhergesagt, setzte sich der Aufwärtstrend des Britischen Pfunds gegenüber dem Euro fort. Trotz lokaler Sorgen über die indische Virusvariante hat die schnellere Erholung der britischen Wirtschaft zu größerem Optimismus unter Händlern geführt, wovon das Pfund Sterling profitierte. Die Debatte über die Inflation und ihren Verlauf ist auch in Großbritannien präsent. Dennoch wird der Inflationsanstieg wie in den USA und der Eurozone von der Bank of England als vorübergehend angesehen. In der Praxis bedeutet dies, dass keine beschleunigte geldpolitische Normalisierung auf der Tagesordnung steht. Die Bank of England ist insbesondere für das Stützen der Wirtschaft zum mittelfristigen Beibehalten einer akkommodierenden Ausrichtung bestrebt, wenn Arbeitsplatzgarantien am 30. September auslaufen. Es sei daran erinnert, dass die Bank of England in ihren Prognosen einen Anstieg der Arbeitslosenquote von 4,8 % im ersten Quartal 2021 auf 5,8 % am Jahresende erwartet. Dies ist ein starkes Argument für die Beibehaltung des Programms zum von Vermögenswertankauf (auch QE für Quantitative Easing genannt).
Der beste Beleg für das Vorherrschen der Risikobereitschaft am Devisenmarkt im Mai war der starke Anstieg des Euro gegenüber dem japanischen Yen, der normalerweise als sicherer Hafen gilt. Der einzige weitere erwähnenswerte Punkt beim Wechselkurs zwischen beiden Währungen ist die Tatsache, dass das jüngste Protokoll der Sitzung der Bank of Japan vom 18. und 19. März die Bereitschaft der Mitglieder zum Beibehalten einer klaren akkommodierenden Ausrichtung hervorhob. Im Gegensatz zur europäischen und amerikanischen Debatte ist das Thema für die japanische Inselgruppe immer noch die Deflation. Sofern es im Juni nicht zu einem kompletten wirtschaftlichen Paradigmenwechsel kommt (was unwahrscheinlich ist), spricht alles für eine Fortsetzung des Anstiegs des Euro gegenüber dem Yen.
Sehr geringe Schwankungsbreite für das Paar EUR/CHF (ca. 100 Pips) im Laufe des Monats Mai. Kurz- bis mittelfristig sollte der Wechselkurs zwischen beiden Währungen stabil bleiben. Es wird erwartet, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihren Leitzins unverändert bei -0,75 % belässt und ihre direkten Devisenmarktinterventionen fortsetzt, um die Aufwertung des CHF zu begrenzen, der von der Schweizer Regierung immer noch als deutlich überbewertet angesehen wird. Glücklicherweise begrenzt die anhaltende Reflation den Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken, was die Aufgabe der Zentralbank deutlich erleichtert.
Wie immer begünstigt Risikobereitschaft Rohstoffdevisen. Daher auch der sehr starke monatliche Anstieg des CAD gegenüber dem EUR. Darin spiegelt sich auch der anhaltende Rohstoffpreisanstieg wider. An der geldpolitischen Front versuchte die Bank of Canada eine Gratwanderung durch Bestätigung des „Tapering“-Prozesses (eine Reduzierung der Ankäufe von Vermögenswerten von 4 Mrd. CAD auf 3 Mrd. CAD pro Woche) und gleichzeitig Betonung, dass die Wirtschaft langfristig eine Form geldpolitischer Unterstützung benötigen wird. Aus heutiger Sicht sollte der aktuelle Prozess der wirtschaftlichen Erholung und Normalisierung der Aktivitäten den Rohstoffmarkt und damit auch die stark davon abhängigen Währungen wie den CAD weiter unterstützen.
Sehr breite Spanne für EUR/AUD im Mai (fast 400 Pips). Dies ist ein perfektes Beispiel für die Notwendigkeit einer richtigen Währungsabsicherungsstrategie. Der nächste Termin für das Währungspaar ist der 1. Juni. Bei dieser Gelegenheit wird erwartet, dass die Reserve Bank of Australia (RBA) dem Markt weitere Informationen über eine mögliche Anpassung ihres Programms zum Ankauf von Vermögenswerten geben wird, die von der kurzfristigen makroökonomischen Entwicklung abhängig bleibt. Sollte es zu einer Anpassung kommen, geht der Markt weitgehend davon aus, dass diese offiziell erst im Juli erfolgen wird. Dies würde der Zentralbank einen Monat Zeit geben, den Boden zu bereiten.
Das Währungspaar EUR/CNH bewegte sich im Mai in einer sehr engen Schwankungsbreite von nur etwa zehn Pips. Der zugrunde liegende mittelfristige Trend für den CNH ist weiterhin aufwärts gerichtet und spiegelt unmittelbar die Hoffnung auf eine starke wirtschaftliche Erholung in China wider. Hinzu kommt die Möglichkeit, dass China zum Abfedern steigender Kosten für Rohstoffimporte das Aufwerten seiner Währung beschließen könnte. Dies ist zum jetzigen Zeitpunkt zwar nur eine Möglichkeit, die aber zunehmend von hochrangigen chinesischen Beamten angesprochen wird. Sollte dies jedoch der Fall sein, ist es zum Begrenzen negativer Marktreaktionen wahrscheinlich, dass die Aufwertung graduell bleibt.
Bei den von uns beobachteten Währungspaaren verzeichnete EUR/HUF (-4,06 %) im Mai den größten Rückgang, nachdem der stellvertretende Gouverneur der ungarischen Zentralbank eine baldige Zinserhöhung, wahrscheinlich noch in diesem Monat, angekündigt hatte. Angesichts des erheblichen Inflationsdrucks (5,1 % Verbraucherpreisindex im April im Vergleich zum Vorjahr) wird die Zentralbank ihre Geldpolitik wahrscheinlich anpassen müssen. Wir erwarten, dass die Zinserhöhung im Juni der Beginn eines neuen Zyklus der Straffung monetärer Bedingungen sein wird. Wir erwarten auch einen Anstieg des Leitzinses in diesem Jahr um 75 Basispunkte. Der Devisenmarkt hat die Aussicht auf höhere Zinsen bereits eingepreist, aber das Potenzial für einen kurzfristigen Abfall des Euro ist unserer Meinung nach immer noch vorhanden.
DATUM | WÄHRUNG | EREIGNIS |
---|---|---|
01/06 | AUD |
Sitzung der australischen Zentralbank |
03/06 | USD |
ADP -Bericht- zum amerikanischen Arbeitsmarkt im Mai |
04/06 | USD |
US-Arbeitsmarktbericht |
08/06 | EUR |
ZEW-Index für die deutsche Wirtschaft |
10/06 | EUR |
Sitzung der europäischen Zentralbank |
15/06 | USD |
Erstes Treffen Biden-Putin (Genf, Schweiz) |
16/06 | USD |
Sitzung der US-Zentralbank |
22/06 | HUF |
Sitzung der ungarischen Zentralbank |