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GBP: Worauf müssen wir uns 2024 einstellen?

Geschrieben von iBanFirst | 13.02.2024 09:18:17

Wie wird sich das britische Pfund 2024 voraussichtlich entwickeln? Um das herauszufinden, müssen wir die wichtigsten Risikofaktoren, die den Devisenmarkt in den nächsten Monaten beeinflussen könnten, analysieren und die Prognosen unserer Analysten sowie die wichtigsten Termine berücksichtigen.

 

 

Die wichtigsten Risikofaktoren 2024

Zunahme der Gefahren und der Ungewissheit 

das Jahr 2024 wird im Zeichen lokaler geopolitischer Risiken stehen. Alles begann am 7. Oktober 2023 im Nahen Osten. Seither nimmt die Zahl der Krisenherde zu: China/Taiwan, China/Philippinen, Iran/Pakistan, Russland/Ukraine, Venezuela/Guyana etc.

 

Hinzu kommt ein Superwahljahr. In diesem Jahr stehen Wahlen in Ländern an, auf die über 40% der globalen Wirtschaftsleistung entfallen.

 

  • Im Fokus steht insbesondere die Präsidentschaftswahl in den USA am 5. November. Ihr Ausgang könnte unter anderem eine Wende im Ukraine-Krieg bedeuten. Doch sie ist nicht die einzige wichtige Wahl.
  • Die Kommunalwahlen in der Türkei am 31. März dürften den Sieg der Regierungspartei AKP in Istanbul und Ankara bringen.
  • Bei der Parlamentswahl in den Monaten April und Mai in Indien steht wohl ein Erdrutschsieg der Partei des Premierministers Narendra Modi zu erwarten.
  • Gewählt wird auch ein neues Europäisches Parlament, während im zweiten Halbjahr in Großbritannien Unterhauswahlen stattfinden, aus denen wahrscheinlich die Labour Party als Sieger hervorgehen wird.
  • Und in Israel ist eine vorgezogene Parlamentswahl wahrscheinlich, die zur Ablösung von Premierminister Benjamin Netanjahu und zu einer Wende im Konflikt führen könnte.

 

Die Welt wird Ende 2024 nicht mehr so sein, die wir sie heute kennen.

 

Gefährdete Lieferwege

Jahrzehntelang ging man davon aus, dass die Routen des Welthandels sicher sind. Dies ist mittlerweile nicht mehr der Fall. Die Meerenge am Eingang zum Roten Meer, die normalerweise von 21% des weltweiten Containerverkehrs passiert wird, ist aufgrund des asymmetrischen Kriegs zwischen den vom Iran unterstützten Huthi-Milizen und einer internationalen Koalition, an der auch Frankreich beteiligt ist, nicht mehr befahrbar. Die Containerschiffe müssen nehmen jetzt den größeren Umweg um das Kap der Guten Hoffnung um Südafrika herum nehmen. Die Folge: höhere Frachtkosten. Die Inflation zeigt sich davon jedoch unbeeindruckt. Laut einer im Januar von der Bank of England veröffentlichten Studie würde die jährliche Inflation nur um 0,4 bis 0,6 Prozentpunkte steigen, wenn die Route durch das Rote Meer im gesamten Jahr 2024 nicht befahrbar wäre. Das ist zwar nicht viel, allerdings kann dies zu einer Überlastung der Häfen führen, wie während der Corona-Pandemie. Damals führte dies zu Störungen der Produktionsketten, insbesondere in Europa.

 

Und Asien ist auch nicht mehr sicher. Die Seewege nach Ostasien durch die Straße von Formosa und das Südchinesische Meer, über die 40% des Außenhandels der EU abgewickelt werden, könnten aufgrund wachsender Spannungen zwischen China und seinen Nachbarländern Taiwan und den Philippinen bezüglich der Souveränität mehrerer Inseln und Atolle gefährlicher werden. Ein weiterer Faktor ist der Klimawandel.

Der Panamakanal ist aufgrund einer historischen Trockenheit auch nicht mehr hundertprozentig befahrbar.

 

Der Warenverkehr und die Gewährleistung seiner Sicherheit werden die Märkte und die Wirtschaft in Zukunft beschäftigen. Und das ist neu.

 

Ein Kurswechsel in der Geldpolitik

Werden die Leitzinsen im Jahr 2024 sinken? Das zumindest ist gesichert. Wann? Und in welchem Umfang? Schwer zu sagen.

 

Zwischen den Erwartungen des Markts und der Rhetorik der Zentralbanker besteht eine große Diskrepanz. Der Geldmarkt geht davon aus, dass es in diesem Jahr auf beiden Seiten des Atlantiks zu Zinssenkungen um etwa 150-160 Basispunkte kommt.

 

Die Zentralbanker sind aber skeptischer und gehen von einem Hauptszenario mit Zinssenkungen um 50-75 Basispunkte aus.

 

Die Differenz beträgt fast 100 Basispunkte. Einer von beiden liegt falsch – unserer Meinung nach der Geldmarkt. Er erwartet einen aggressiven Zinssenkungszyklus, vergleichbar mit Lockerungen in der Vergangenheit. Der entscheidende Unterschied: Von Rezession kann keine Rede sein.

 

Drastische Zinssenkungen machen daher keinen Sinn. Dies kommunizieren im Übrigen auch die Zentralbanken. Dieser Konjunkturzyklus ist anders, es wird eine Weile dauern, bis die Märkte ihre Zinserwartungen nach unten anpassen.

 

Dies würde zumindest zu höheren Schwankungen der Wechselkurse führen.

 

GBP: Das Durchhaltevermögen der Old Lady

Das Pfund Sterling (GBP) hat seit seiner ersten Prägung zu Beginn des 11. Jahrhunderts viele geopolitische Risiken erlebt und viele Krisen überstanden. Die letzte ereignete sich am 23. Juni 2016, als das Vereinigte Königreich sich in einem Referendum überraschend für einen Austritt aus der Europäischen Union (EU) entschied. In der Folge brach das britische Pfund ein. Nahezu alle Analysten hatten angesichts der wirtschaftlichen Turbulenzen infolge des Brexit eine dauerhafte Abwertung der Währung vorhergesagt. Einige sagten dem Pfund Sterling sogar den Status einer Schwellenländerwährung voraus.

 

Acht Jahre später ist festzuhalten: Es kam anders als alle erwartet hatten. Das Land hat seit James Cameron (2010-2016) drei Premierminister erlebt – eine politische Instabilität, die in der englischen Politik bisher eher selten vorgekommen ist. Hinzu kam die Covid-Krise, der faktische Austritt Großbritanniens aus der EU im Jahr 2020, der Krieg in der Ukraine im Jahr 2022, die galoppierende Inflation (Spitzenwert von 11,1% im Oktober 2022)... und dennoch ist das Pfund Sterling immer noch robust. Das ist merkwürdig.

 

Seit dem Referendum oszilliert das Pfund in einer fast perfekten Handelsspanne zwischen 0,82 und 0,90. Das ist eine enge Trading Range, vor allem wenn man bedenkt, dass sie seit fast acht Jahre Bestand hat und in dieser Zeit vielen Risikofaktoren getrotzt hat.

 

In den letzten Monaten hat sich diese Spanne verengt und liegt nunmehr zwischen 0,85 und 0,88. Objektiv betrachtet gibt es nichts, was in den kommenden Monaten einen Ausbruch aus dieser Spanne auslösen könnte. Wir erwarten für das Jahr 2024 größtenteils einen Seitwärtstrend der britischen Währung.

 

Die Geldpolitik wird keine entscheidende Stellgröße sein, die Bank of England (BoE) und die Europäische Zentralbank (EZB) fahren die gleiche Linie. Die auch als ‚kurzfristige Zinsen‘ bezeichneten Leitzinsen müssen gesenkt werden, um die Konjunktur in diesem Jahr zu unterstützen. Dies ist unstrittig. Aber es wird sicherlich zu einem späteren Zeitpunkt als vom Markt erwartet passieren, und die Zinssenkung wird sicherlich niedriger als erwartet ausfallen. In Großbritannien ist dies auf die noch immer zu hohe Inflation zurückzuführen – einerseits infolge der Dienstleistungsinflation, die deutlich über ihrem Vor-Covid-Durchschnitt liegt, andererseits aufgrund der Lohn-Preis-Spirale. In der Eurozone ist die Inflation das Ergebnis der noch immer exzessiven Vorsicht in Bezug auf einen Kurswechsel in der Geldpolitik. Die EZB hatte gezögert und ihre Leitzinsen erst dann angehoben, als sie den durch den negativen Angebotsschock in der Pandemie entstandenen Inflationsdruck bekämpfen musste. Sie könnte zu spät auf den Plan treten, um das Wachstum zu stützen, zumal zahlreiche Alarmsignale eine Rezession befürchten lassen (Deutschland: erwartete Rezession für das gesamte Jahr 2024, Frankreich: Wachstumsrate von nahe null, Rückgang der Kreditvergabe an Unternehmen usw.). Die Frage, welche der beiden Notenbanken ihre Leitzinsen zuerst senken wird, ist für den Wechselkurs von untergeordneter Bedeutung. Eine Verzögerung von einigen Monaten wirkt sich in der Regel kaum auf Währungen aus.

 

Auch das geopolitische Risiko dürfte keinen Ausbruch aus der Trading Range ermöglichen. In der Vergangenheit hat die Geopolitik bei geringer Liquidität zu stärkeren Schwankungen und sogar zu starken Rückgängen von Währungen geführt (Flash Crash). Womöglich entstehen dadurch Einstiegspunkte für Käufer. Die Auswirkungen geopolitischer Risiken auf den Devisenmarkt glätten sich bekanntlich mit der Zeit, bisweilen sogar innerhalb weniger Wochen.

 

Es ist kaum wahrscheinlich, dass die Entwicklung der Wirtschaft starke Wechselkursschwankungen beim britischen Pfund Sterling auslösen wird. Die erwartete Krise infolge des Brexits ist ausgeblieben – dies bedeutet jedoch nicht, dass es keine Kollateralschäden gegeben hat (Störungen im Transportwesen, inflationäre Effekte, zeitweilige Verknappung bestimmter Waren usw.). Insgesamt ist die Attraktivität Großbritanniens jedoch ungebrochen. Es muss nicht immer zum Schlimmsten kommen, das ist eine wichtige Lektion. Wir erwarten, dass das britische Wachstum in diesem Jahr bei 0,3% liegen wird, in der Eurozone bei 0,5%. Dieser Unterschied von zwei Prozentpunkten ist nicht hoch genug, um auf den Wechselkurs durchzuschlagen, insbesondere bei derart niedrigen Wachstumsniveaus. Zwei Prozentpunkte, das sind Peanuts.

 

Das Jahr 2024 dürfte folglich die beeindruckende Stabilität der Währung Ihrer Majestät bestätigen.

 

Wichtige Termine, die man im Auge behalten sollte

Zweites Halbjahr: Vorgezogene Parlamentswahlen. Im Januar dieses Jahres kündigte Premierminister Rishi Sunak, der in der britischen Öffentlichkeit aufgrund mehrerer Skandale und durch Machtverschleiß geschwächt ist, vorgezogene Parlamentswahlen an. Die jüngsten Umfragen deuten darauf hin, dass die Konservativen die Regierungsmacht an die Labour Party von Keir Starmer, einem Anwalt für Menschenrechte, verlieren könnten. Letztere könnte sogar die absolute Mehrheit im Parlament erreichen. Die Auswirkungen wären gewaltig, sowohl im Hinblick auf die Wirtschaftspolitik als auch auf die internationalen Beziehungen. So unterstützt die Labour Party beispielsweise nicht vorbehaltlos die US-Außenpolitik wie die Konservativen.